Fliegen mit Baby – wie gefährlich ist der Loop Belt?

FliegenmitBabyWer mit einem Kind unter 2 Jahren fliegen will, der muss keinen eigenen Platz reservieren. So ist Fliegen mit Baby ziemlich kostengünstig. Die Kinder werden mit dem so genannten Loop Belt auf dem Schoß der Erwachsenen gesichert. Doch dieser Schlaufengurt wird von Experten als gefährlich für Babys eingestuft. Wer auf Nummer sicher gehen will, muss für das Kind einen eigenen Platz buchen – und einen speziellen Kindersitz oder ein Kinderrückhaltesystem mitnehmen.

Die meisten Eltern, die mit ihrem Baby zum ersten Mal fliegen, buchen keinen eigenen Platz für das Kind. Kinder unter 2 Jahren haben keinen Anspruch auf einen eigenen Platz, kosten dafür in der Regel auch fast nichts. Im Flugzeug bekommt man dann von der Stewardess den so genannten Loop Belt ausgehändigt. Diesen Schlaufengurt befestigt man an seinem eigenen Gurt, setzt das Baby auf den Schoß und schließt den Loop Belt dann vor dem Kind. Der Loop Belt muss nach den geltenden Vorschriften immer dann benutzt werden, wenn die Anschnallzeichen leuchten, also zum Beispiel während des Starts und der Landung.

Wer sich allerdings vor der Reise im Internet erkundigt, der ist schnell verunsichert, denn er wird ziemlich schnell darauf stoßen, dass der Loop Belt von Experten als gefährlich eingestuft wird.

Warum der Schlaufengurt gefährlich ist

Loopbelt zur Sicherung von Kleinkindern im FlugzeugDer TÜV Rheinland hat Crash-Tests mit Loop Belts durchgeführt. Martin Sperber vom TÜV Rheinland sagt: “Bei diesen Versuchen zeigt sich sehr deutlich, dass der Loop Belt komplett durch alle Weichteile des Kindes hindurch gewandert ist, bis hinten an die Wirbelsäule. Wenn man das umsetzt auf den lebenden Menschen, heißt das, dass es tödliche Verletzungen für das Kind gewesen wären.” Auf der Internetseite des TÜV heißt es weiter: “Der Schlaufengurt hält das Kleinkind zwar auf dem Schoß des Erwachsenen fest, doch gleichzeitig sitzt das Kind im wahrsten Sinne des Wortes in der Falle: Es wird bei Zwischenfällen zum „Airbag“ für den Erwachsenen und das Kind trägt dadurch lebensgefährliche bis tödliche Verletzungen davon.”

Auch Studien der australischen, US-amerikanischen und kanadischen Luftfahrtbehörden haben gezeigt, dass die Verwendung des Schlaufengurts bei einem unvorhergesehenen Ereignis für das Kind lebensgefährlich oder tödlich sein kann. Das Deutsche Luftfahrt Bundesamt warnte in einem Rundschreiben 2008 ebenfalls vor seiner Verwendung.

Absurderweise wurde der Loop Belt in Deutschland bereits 1998 verboten, eben weil er gefährlich ist. 2008 hat ihn die EU dann allerdings wieder zugelassen. International wird mit Verweis auf die weltweit unterschiedlichen Sicherheitsstandards, die Unfallwahrscheinlichkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der Airlines noch keine Notwendigkeit gesehen, die Doppelbelegung von Sitzen durch einen Erwachsenen und ein Kind zu verbieten. Es fehlen bislang einheitliche, industrieweite Standards und darüber hinaus hat europäisches Recht Vorrang vor nationalem Recht. Laut Luftfahrt-Bundesamtes ist daher „bei Doppelbelegung die Verwendung des Schlaufengurtes als Rückhaltesystem … grundsätzlich vorgeschrieben“. Das heißt: Um den internationalen Luftverkehrs nach Europa und aus Europa aufrechterhalten zu können, ist der Schlaufengurt bei Doppelbelegung als alternatives Rückhaltesystem von der europäischen Luftfahrtbehörde akzeptiert – weil es derzeit außer geprüften Autokindersitzen, die die Eltern selbst mitbringen müssen, keine anderen sicheren Lösungen gibt.

In den USA ist der Loop Belt wegen seiner Gefährlichkeit verboten. Nicht verboten ist es dort allerdings, das Kind ungesichert auf dem Schoß zu halten. Im schlimmsten Fall kann man es bei einer Notlandung oder wenn das Flugzeug beim Landeanflug noch einmal durchstartet oder den Start abbrechen und dabei sehr stark bremsen muss, nicht festhalten und es fliegt durch die Kabine. Die Gefahr für das Kind hierbei dürfte nicht geringer sein als jene, die vom Loop Belt ausgeht.

Wer frühzeitig bucht und ein noch kleines Baby hat (abhängig von der Fluggesellschaft bis ca. 11kg und 70 cm) kann auf Langstreckenflügen ein so genanntes Baby Bassinet reservieren. Das ist eine Art Bettchen, das an der Mittelwand vor der ersten Sitzreihe verankert wird und demnach nur an Passagiere vergeben wird, die dort einen Sitzplatz haben. Darin kann das Kind – außer bei Start, Landung und Turbulenzen, liegen. Gesichert wird es dabei mit einem Netz oder Stück Stoff, das über das Bettchen gespannt wird. Das ist sehr viel bequemer für Eltern und Kind, als das Baby die ganze Zeit auf dem Schoß zu halten, wirklich sicher ist diese Form des Transportes allerdings nicht, zumal das Kind immer dann, wenn die Anschnallzeichen leuchten, mit dem Loop Belt auf den Schoß muss.

Sicherere Alternativen sind teuer

Wie oft Kinder durch die mangelhafte Sicherung im Flugzeug zu Schaden kommen, darüber gibt es keine Zahlen. Man findet auch keine Berichte darüber, dass Kinder unter 2 durch den Loop Belt gestorben oder schwer verletzt wurden. Die Forderung nach Kindersitzen in Flugzeugen stützt sich auf die Ergebnisse von Crashtests und Risikoanalysen. Viele Eltern beruhigen sich damit, dass ein Flugzeugabsturz sowieso nicht überlebbar ist, egal ob das Kind gut oder schlecht gesichert ist. Der TÜV Rheinland schreibt auf seiner Internetseite allerdings: “90 Prozent aller Flugzeugunglücke sind technisch überlebbar. Das ist zu einem großen Teil auch den modernen passiven Sicherheitselementen von Flugzeugen und deren Sitzen und Rückhaltesystemen zu verdanken. Verschiedene internationale Studien haben jedoch gezeigt, dass das für Kinder nicht gilt. Die Passagiergruppe Kinder haben ein erheblich geringeres Sicherheitsniveau als Erwachsene, da sie keinen eigenen Sitzplatz haben und nicht angemessen angeschnallt werden können. Notlandungen, die für Erwachsene glimpflich verlaufen, können für Kinder lebensgefährlich oder tödlich sein.”

For-use-in-Aircraft_TextwithImageflexibleDas ist alles richtig und Eltern, die die größtmögliche Sicherheit für ihr Kind wollen, können einen eigenen Sitzplatz für das Baby buchen, müssen dann allerdings einen Autokindersitz mitbringen, der für den Einsatz im Flugzeug und damit für die Befestigung an 2-Punkt-Gurten geprüft ist. Und sie sollten sich zuvor unbedingt bei der Fluglinie erkundigen, ob der Sitz akzeptiert wird und sich das möglichst auch schriftlich bestätigen lassen. Sonst kann es sein, dass sie das Kind zum Start und zur Landung doch wieder mit Schlaufengurt auf dem Schoß halten müssen. Auf der Seite des TÜVs gibt es eine Liste, welche Kindersitze fürs Flugzeug zugelassen sind. Diese Lösung ist allerdings deutlich teurer, als das Kind auf dem Schoß zu halten und ziemlich kompliziert, denn im blödesten Fall muss man sich für die Flugreise noch extra einen Kindersitz anschaffen, wenn der, den man hat, nicht fürs Flugzeug zugelassen ist oder von der Fluggesellschaft nicht akzeptiert wird.



Leichtes Gurtsystem für Kinder zwischen 10 und 20 Kilogramm

Mit Cares-Gurt im Flugzeug gesichertes KleinkindFür Kinder, die zwischen 10 und 20 Kilogramm wiegen (ca. 1 bis 4 Jahre) und maximal einen Meter groß sind, gibt es als Alternative noch das CARES Kinderrückhaltesystem. Dieses Gurtsystem, das nur 500 Gramm wiegt und viel leichter als ein Kindersitz zu transportieren ist, besteht aus einem Lehnenbefestigungsgurt, Schultergurten, Brustschnalle und Schlaufen für den Standard-Beckengurt. Damit sind auch Kinder über 2 Jahren auf ihrem eigenen Sitz im Flugzeug besser gesichert als nur mit dem Beckengurt. Cares ist von der US-amerikanischen Federal Aviation Authority (FAA) zertifiziert und damit auch in deutschen und europäischen Flugzeugen gemäß einer Empfehlung des deutschen Luftfahrtbundesamtes zugelassen. Es kostet rund 80 Euro und kann beispielsweise bei Amazon* bestellt werden.

Wie viel Sicherheit nötig ist, muss jeder für sich entscheiden und nicht selten ist es auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten, ob man einen eigenen Platz fürs Kind bucht oder nicht. Das Flugzeug ist das sicherste Verkehrsmittel überhaupt und die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind durch den Loop Belt zu Schaden kommt, ist extrem niedrig. Und man sollte sich vielleicht auch mal vor Augen halten, dass auch eine Busfahrt für ein Baby lebensgefährlich oder tödlich sein kann. Wie viele Kinder sitzen in Bussen richtig angeschnallt in einer Babyschale oder einem Kindersitz? Stellt Euch einfach mal vor, ein Bus im öffentlichen Nahverkehr macht eine Vollbremsung, das Kind sitzt in seinem Buggy, ist eventuell dort nicht mal angeschnallt… Es gibt keine absolute Sicherheit in jeder Situation.

Fotos: Mamaclever

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Eva Dorothée Schmid

Ich bin Journalistin und Mutter eines Sohnes (geb. 2012) und einer Tochter (geb. 2015), wohne in Hamburg und versuche als Mamaclever, Eltern fundierte Antworten auf alle Fragen zu geben, die sich mit Baby, Klein- oder Kindergartenkind so stellen.

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Eine Antwort

  1. Jenny sagt:

    Du hast Recht, es gibt keine absolute Sicherheit. Aber das legt doch nicht den Umkehrschluss nahe, dass man dann auf mögliche Sicherheit verzichten sollte? Mit deinem Argument wäre es ja auch überflüssig, einen Autokindersitz im Auto zu verwenden, weil Kinder im Bus oder im Zug nicht richtig gesichert werden können.

    Solange die Möglichkeit besteht, mein Kind im Flugzeug angemessen zu sichern – und die gibt es ja -, dann sehe ich mich auch in der Pflicht, das zu tun. Ich möchte mir später nicht vorwerfen müssen, aus falscher Sparsamkeit oder schlichter Faulheit, mich mit den Regelungen der Airlines auseinanderzusetzen, den Tod meines Kindes verschuldet zu haben.

    Liebe Grüße
    Jenny

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