Kariesvorbeugung: Fluoridtabletten oder fluoridhaltige Zahnpasta?

FluoridKeine Angst vor Fluorid: Auch wenn im Internet die wildesten Verschwörungstheorien hinsichtlich Fluorid kursieren, sind sich Kinderärzte und Zahnärzte einig, dass das Spurenelement wichtig zur Kariesvorbeugung ist. Nur ob man Kleinkindern Tabletten geben oder ihre Zähne mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzen sollte, darüber streiten sich die Mediziner.

Ein Blogbeitrag, in dem behauptet wird, fluoridhaltige Zahnpasta sei hochgiftig und schädige die Zähne statt ihnen zu nutzen, hat für viel Aufregung gesorgt und verunsichert bis heute viele Eltern verunsichert. Zudem zerstöre das hochgiftige Fluorid den Körper auf Raten, wird da von einem ominösen Ken Davis behauptet. Der Verfasser der Behauptungen, die immer mal wieder im Internet kursieren, gibt nichts von sich preis als seinen Namen. Und wenn man den googelt, findet man nichts – außer einen britischen Komiker. Das erhöht seine Glaubwürdigkeit natürlich ungemein.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR) schreibt dazu, Fluorid werde seit Jahren immer wieder in Zusammenhang gebracht mit Chromosomenveränderungen, Krebs und anderen Krankheiten. Diese Warnungen beruhten darauf, dass Fluorid in hohen Dosen Zellen schädigen könne, sie berücksichtigen aber nicht den Dosiseffekt. “Alle diese behaupteten Nebenwirkungen haben sich als unwahr erwiesen”, so das staatliche BFR.



Auf die Dosis kommt es an

Wie bei vielen anderen Dingen auch, kommt es bei Fluorid auf die Dosis an. Geringe Mengen helfen durch den Kontakt mit der Zahnoberfläche, kleine Zahnschmelzschäden zu reparieren und Fluorid hemmt das Wachstum von säurebildenden Bakterien im Mund. Bei einer zu hohen Fluoridaufnahme im Kindesalter aber kann es zu Zahnschmelzveränderungen (Zahnfluorose) kommen. Eine Fluorose äußert sich durch weiße Flecken auf den Zähnen. Eine zu hohe Fluoridaufnahme über mehrere Jahrzehnte hinweg kann erhöhte Knochenbrüchigkeit und Gelenkveränderungen zur Folge haben. Nach extrem hoher Fluoridaufnahme über mehrere Monate können Nierenschäden auftreten, so das BFR.

Die unbedenkliche Dosis hängt vom Körpergewicht und vom Alter ab. Eine günstige Wirkung auf die Zahngesundheit tritt bei Tageszufuhrmengen in der Größenordnung von 30 bis 40 Mikrogramm pro Kilogramm ein. Darüber hinaus ist es wichtig, zwischen Fluor als reinem Element und Fluoridverbindungen zu unterscheiden. Fluor pur ist hochgiftig. Fluoride sind jedoch Verbindungen aus Natrium oder Calcium und Fluor. Und in diesen Verbindungen sind Fluoride sogar zehnmal weniger toxisch als Kochsalz, das sich aus Natrium und Chlor zusammensetzt. Leider werden diese beiden Stoffe immer wieder durcheinandergebracht, insbesondere von den Fluorid-Kritikern.

Zahnpasta oder Tabletten?

Fluoride sind wichtig für eine wirkungsvolle Kariesvorbeugung. Darin sind sich die Experten einig. Verschiedene Maßnahmen der Fluoridierung haben erheblich dazu beigetragen, dass sich in Deutschland die Zahngesundheit von Kindern und Jugendlichen seit einigen Jahren stetig verbessert, darin sind sich Zahnärzte sowie Kinder- und Jugendärzte ebenfalls einig. Allerdings gibt es einen bis heute nicht entschiedenen Streit darüber, wie und wann das Fluorid an und in den Zahn zu bringen ist: Mit fluoridierter Zahncreme oder mit Fluoridtabletten. Sicher ist nur: Beides zusammen ist schnell zu viel.

Bis vor einigen Jahren wurde Kindern generell Fluoridtabletten zur Kariesvorsorge gegeben. Inzwischen sind die Zahnärzte aber der Meinung, statt Pillen zu schlucken sollten Kinder ihre Zähne lieber mit fluoridhaltiger Zahnpasta putzen.

Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) schreibt in einer Stellungnahme: “Aufgrund aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse ist beim Einsatz von Fluoriden der lokalen Applikation gegenüber der systemischen Zufuhr der Vorrang einzuräumen. Zahlreiche Untersuchungen haben in den letzten Jahren herausgestellt, dass Fluoride in erster Linie durch direkten Kontakt mit Zahnhartsubstanzen (lokal) karieshemmend wirken.” Sie rät weiter: “Vor dem 6. Lebensmonat sind aus zahnärztlicher Sicht keine Fluoridierungsmaßnahmen erforderlich. Mit dem Durchbruch der ersten Milchzähne sollten diese von den Eltern einmal am Tag mit einer höchstens erbsengroßen Menge fluoridhaltiger Kinderzahnpaste (maximal 500 ppm Fluorid) gereinigt werden. Dabei wird von der Anwendung von Zahnpasten mit Frucht- oder Bonbongeschmack abgeraten, um keinen Anreiz zum Herunterschlucken zu geben.




Ab dem 2. Geburtstag sollten die Milchzähne auf diese Weise zweimal täglich geputzt werden. Eltern müssen das Zähneputzen bei Kleinkindern überwachen und bis in das Schulalter hinein die Zähne ihres Kindes nachputzen.” Zudem wird Eltern geraten, im Haushalt fluoridhaltiges Speisesalz zum Kochen und Backen zu verwenden.

Kinderärzte empfehlen Tabletten

Kinderärzte bezweifeln, dass sich die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse auch auf Säuglinge und Kleinkinder übertragen lassen, die sich im Regelfall gegen das Zähneputzen sperren und nicht zuverlässig ausspucken. Sie sagen, die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz habe in diesem Alter “praktisch keinen messbaren Einfluss auf die Fluoridzufuhr, weil der Fluoridgehalt des Salzes und der Salzverbrauch gering sind”, so die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin. Der Dachverband der Kinderärzte rät deshalb weiterhin zur Einnahme von Fluoridtabletten in den ersten drei Lebensjahren und lehnt es ab, dass Säuglings- und Kleinkinderzähne mit fluoridierter Zahncreme geputzt werden sollen.

Es gebe keinen Nachweis, dass Kinderzahnpasta mit einem Fluoridgehalt von 550 ppm Karies reduziere und Erwachsenenzahncreme, für die es diesen Nachweis gebe, könne zur Anwendung bei kleinen Kindern nicht empfohlen werden, da das Risiko einer zu hohen Fluoridaufnahme und einer Fluorose bestehe, so die Argumentation der Kinderärzte.

Was also tun? Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er die Argumente der Zahnärzte oder die der Kinderärzte plausibler findet. Eine ausführliche Version beider Positionen und Studien findet ihr hier. Ich persönlich finde die Argumentation der Zahnärzte plausibler.

Wer sich nicht entscheiden kann, kann auch im Wechsel fluoridfreie Zahnpasta verwenden und gleichzeitig Tabletten geben und wenn die Zahnpastatube leer ist eine zeitlang mit fluoridhaltiger Zahncreme putzen und auf die Tabletten verzichten. Wichtig ist nur, dass wenn mit fluoridhaltiger Zahncreme geputzt wird nicht auch noch Tabletten gegeben werden sollten, es sei denn es besteht ein besonders großes Kariesrisiko, dann aber nur in Absprache mit Ärzten.




Gegebenenfalls sollte man sich im Kindergarten erkundigen, welche Zahnpasta dort verwendet wird. Und nicht nur Fluorid hilft Karies zu vermeiden, auch eine möglichst zuckerarme vollwertige Ernährung sowie der Verzicht auf Dauernuckeln von kohlenhydrathaltigen Getränken sind sehr hilfreich für gesunde Zähne.

Vorsicht ist in Gegenden geboten, in denen dem Trinkwasser Fluorid zugesetzt ist – wenn man dann insbesondere Flaschenkindern noch Fluoridtabletten gibt, kann das schnell zu viel des Guten sein und eine Fluorose droht. In Deutschland allerdings wird dem Trinkwasser nirgendwo Fluorid zugesetzt.

Foto: Mamaclever

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Eva Dorothée Schmid

Ich bin Journalistin und Mutter eines Sohnes (geb. 2012) und einer Tochter (geb. 2015), wohne in Hamburg und versuche als Mamaclever, Eltern fundierte Antworten auf alle Fragen zu geben, die sich mit Baby, Klein- oder Kindergartenkind so stellen.

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