Eifersucht vermeiden: Wenn das Erstgeborene entthront wird

GeschwisterViele Kinder wünschen sich Geschwister, aber wenn das Baby dann da ist, haben die Erstgeborenen an ihrer Entthronung oft ganz schön zu knabbern. Eifersucht ist häufig ein Problem, wenn das zweite Kind geboren wurde. Was ihr tun könnt, damit die Eifersucht auf das Baby nicht zu groß wird und wie ihr mit dem großen Kind am besten umgeht, wenn es plötzlich verrückt spielt, habe ich für euch zusammengestellt.

Schon während der Schwangerschaft kann man viel tun, um das Erstgeborene auf das Geschwisterchen vorzubereiten, manche Kranken- oder Geburtshäuser bieten beispielsweise Geschwisterkurse an. Am unkompliziertesten ist die Geschwisterproblematik in der Regel, wenn das erste Kind erst ein Jahr alt ist oder bereits im vierten Lebensjahr oder älter ist. In der ganz frühen Lebensphase erleben Kinder die Rivalität noch nicht so stark. Ältere Kinder haben die erste Loslösungsphase von den Eltern bereits hinter sich, sie widmen sich gerne dem Baby und sind nicht mehr ganz so stark mit sich selbst beschäftigt. Sie können auch besser mit ihrem Verstand begreifen, dass ein Neugeborenes mehr Fürsorge braucht als sie und gönnen ihm das auch.

Jeder von uns hat wahrscheinlich eine Idealvorstellung im Kopf, dass das ältere Kind sofort ganz angetan von seinem Geschwisterchen ist und sich liebevoll um es kümmert. Schraubt eure eigenen Erwartungen, wie das Kind auf seine kleine Schwester oder seinen kleinen Bruder reagieren sollte, herunter, lasst ihm erst mal Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen und erwartet nicht, dass es sich sofort brennend für das Geschwisterchen interessiert und es heiß und innig liebt.



Wenn das ältere Kind zum ersten Mal ins Krankenhaus kommt um Euch und das Neugeborene zu besuchen, ist es günstig, wenn das Baby in diesem Moment nicht gerade an der Brust hängt oder mit Mama im Bett kuschelt. Einfacher für das Erstgeborene ist der Erstkontakt, wenn das Baby in seinem eigenen Bettchen liegt.

Ein Geschenk zur Geburt

Wenn das Baby da ist, bedeutet das für das Erstgeborene zunächst, dass die Eltern plötzlich sehr viel weniger Zeit haben. Die neue Situation kann man dem Kind mit einem Geschenk erleichtern, das es anlässlich der Geburt bekommt. So wird das Geschwisterchen gleich mit einem freudigen Ereignis in Verbindung gebracht und das erste Gefühl, das das ältere Kind mit dem neuen Geschwisterchen verbindet, ist die Freude über ein Geschenk und eure besondere Aufmerksamkeit. Das Geschenk besorgt ihr am besten schon vor der Geburt und packt es in die Kliniktasche, damit ihr es dann übergeben könnt, wenn die Geschwister das erste Mal aufeinander treffen. Natürlich sollte man den Kindern nicht erzählen, das Baby habe das Geschenk mitgebracht- wie soll das denn auch noch in Mamas Bauch gepasst haben? Und wie soll es das bitte besorgt haben, wenn es sonst nichts kann als schlafen, trinken und weinen? Kinder sind nicht dumm und sollten auch nicht für dumm verkauft werden. Besser ihr sagt, das sei ein Geschenk für Kinder, die großer Bruder bzw. große Schwester werden. Wir haben unserem Sohn beispielsweise ein Duplo-Feuerwehrauto überreicht, als wir mit seiner Schwester aus dem Krankenhaus nach Hause kamen, wo er mit seiner Tante auf uns wartete.

Man kann auch Verwandte und Freunde bitten, das ältere Kind bei einem Besuch ebenfalls mit einer Kleinigkeit zu bedenken, damit es sich nicht so benachteiligt fühlt, wenn das Baby viele Geschenke bekommt. Dabei sind vor allem Geschenke, mit denen sich das ältere Kind alleine beschäftigen kann, sehr hilfreich. Alternativ kann man die ein oder andere Kleinigkeit bereithalten, die das Kind bekommt, wenn Besuch Babygeschenke mitbringt, aber nichts für das große Kind.

Viel Kuscheln – mit dem Erstgeborenen

Mit den einschneidenden Veränderungen, die das Geschwisterchen mit sich bringt, kann das Kind besser umgehen, wenn man versucht, ihm so oft wie möglich seine Liebe zu zeigen. Kuscheln und in den Arm nehmen bewirkt dabei viel mehr als Worte. Also sagt eurem großen Kind nicht nur oft, dass ihr es lieb habt, sondern zeigt es ihm auch. Wichtig ist es auch, Zeiten zu reservieren, in denen ihr oder vielleicht die Oma oder ein anderer wichtiger Mensch im Leben des Kindes nur für das große Kind da ist.



Verbote im Zusammenhang mit dem Baby solltet ihr vermeiden: Wird das größere Kind ständig aufgefordert, ruhig zu sein, weil das Baby schläft, oder sich die Hände zu waschen, bevor es das Kleine anfassen darf, wird es früher oder später aggressiv auf das Baby reagieren. Es ist auch günstiger, das große Kind zu fragen, ob es helfen will, anstatt es aufzufordern dies zu tun.

Nach der Geburt werdet ihr viel Zeit damit verbringen, das neugeborene Baby zu stillen oder zu füttern. Damit das ältere Kind damit besser klar kommt, ist es hilfreich, wenn es vielleicht eine Kiste mit besonderen Spielsachen gibt, mit denen das Erstgeborene immer dann spielen darf, wenn ihr euch gerade um das Baby kümmern müsst. Man könnte auch ein besonderes Buch anschaffen, aus dem ihr immer vorlest, während ihr das Baby stillt, oder ein Hörspiel.

Ruhig bleiben bei negativen Reaktionen

Auch wenn ihr all dies beherzigt, kann es gut sein, dass negative Reaktionen kommen. Manche Kinder reagieren aggressiv, andere regressiv, das heißt, sie wollen beispielsweise plötzlich wieder gewickelt werden, brauchen wieder einen Schnuller, weigern sich, alleine zu laufen und wollen ständig auf den Arm, kurz sie verhalten sich wie ein Baby. Darauf lässt man sich am besten sein, lässt das Kind wieder Baby sein, wenn es das will. Es merkt dann bald von selbst, dass es viel besser ist, schon groß zu sein.

Die meisten Erstgeborenen verhalten sich nach der Geburt des Geschwisterkindes plötzlich anders als vor der Geburt des Geschwisterchens – den Eltern gegenüber oder auch anderen Kindern. Unser Sohn beispielsweise fing in der Kita plötzlich an, andere Kinder zu schubsen und zu hauen, etwas, was er zuvor nie gemacht hatte. Er hat so wohl seinen Frust abreagiert. Auch dass bereits trockene Kinder wieder einnässen, kommt häufig vor. Darauf sollte man möglichst verständnisvoll reagieren, das nicht all zu sehr zum Thema machen und nicht schimpfen.



Hinter all dem steckt der Wunsch nach mehr Aufmerksamkeit und diese Verhaltensweisen sind Ausdruck des Schmerzes und der Unsicherheit der Kinder. Versucht deshalb bei negativen Reaktionen ruhig zu bleiben, Verständnis zu zeigen und euch klarzumachen, was dahintersteckt. Gerade wenn man gestresst ist, denkt man häufig, die älteren Kinder ärgern einen mit böser Absicht, aber dem ist nicht so. Sie können ihre Gefühle oft einfach nicht anders ausdrücken.

Möglichst wenig bestrafen

Mit Bestrafungen solltet ihr extrem zurückhaltend sein in dieser Situation, denn Kinder empfinden Bestrafung als Liebesentzug oder als Signal dafür, dass die Eltern sie nicht mögen. Bestrafungen verstärken nur die Vorstellung des älteren Kindes, weniger geliebt zu werden als das Baby.

Es ist fast unmöglich, alle emotionalen Bedürfnisse sowohl des Babys als auch des kleinen Kindes zu erfüllen. Die gute Nachricht ist, dass wir Menschen solche Schwierigkeiten durchleben und daran wachsen können, solange unsere Gefühle anerkannt, aber nicht dramatisiert werden, sagt die Familientherapeutin Naomi Aldort. “Wir können Eifersucht und die damit einhergehenden Verletzungen nicht verhindern. Stattdessen müssen wir lernen, dem Kind zu helfen, so zurechtzukommen, dass seine emotionalen Fähigkeiten dabei verbessert werden.”

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Eva Dorothée Schmid

Ich bin Journalistin und Mutter eines Sohnes (geb. 2012) und einer Tochter (geb. 2015), wohne in Hamburg und versuche als Mamaclever, Eltern fundierte Antworten auf alle Fragen zu geben, die sich mit Baby, Klein- oder Kindergartenkind so stellen.

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3 Antworten

  1. Kygo sagt:

    Verständnis zeigen, wenn das Kind andere schlägt? Naja, sie waren ja auch nicht die Mutter des geschlagenen Kindes.

  2. Kathrin sagt:

    Richtig gute Tips. Das meiste haben wir von Anfang an genau so gemacht und bisher (15 Monate) klappt alles wunderbar, groß und klein vertragen sich prima 🙂

  3. Sina sagt:

    Klasse aufklärender Text. Wir hatte nach der Geburt unserer Tochter leider auch ein halbes Jahr lang ein ziemlich schwierige Phase mit unserem großen Sohn. Er hat seinen Frust an mir ausgelassen und will bis heute oft getragen werden. Natürlich versucht man mit viel Verständnis und Entgegenkommen zu reagieren. Aber in stressigen Situationen oder wenn beide zum Beispiel müde sind, dann wird es schon mal anstrengend und auch mein Ton wird dann rauer. Trotz der Mühen ist es manchmal sehr zerreißend, weil man als Mutter alles richtig machen möchte. Die Entthronung ist halt nicht leicht. Aber es wird definitiv besser 🙂

    Liebe Grüße
    Sina

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