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Mamawissen: In welchem Alter darf man Kinder unbeaufsichtigt lassen?

Mal eben kurz zum Bäcker gehen und den Vierjährigen für eine Viertelstunde alleine vor dem Fernseher lassen? Die Sechsjährige mit ihrer Freundin unbeaufsichtigt auf dem Spielplatz spielen lassen? Darf man das? Alles, was Eltern über die Aufsichtspflicht wissen müssen.

Muss man sein Kind rund um die Uhr im Auge behalten? Das ist kaum machbar und außerdem brauchen Kinder Freiräume, um sich zu selbstständigen Menschen zu entwickeln. Das ist auch im Bürgerlichen Gesetzbuch festgehalten: Para­graph 1626 besagt, dass „Eltern bei der Pflege und Erziehung die wachsende Fähig­keit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbst­ständigem verantwortungs­bewusstem Handeln“ berück­sichtigen sollen. Das sehen auch die Gerichte so. Was Eltern im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht tun müssen, hängt vom Alter des Kindes, von seinem Charakter und von der jeweilige Situation ab. Generell richtet es sich danach, was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen tun müssen, um zu verhindern, dass Dritte oder die Kinder selbst geschädigt werden.

Was es mit der Aufsichtspflicht auf sich hat

Allgemein geht man davon aus, dass minderjährige Personen aufgrund ihres Alters und ihrer Reife nicht in der Lage sind, drohende Gefahren zu erkennen oder richtig einzuschätzen. Die Aufsichts­pflicht und elter­liche Fürsorge soll dafür sorgen, dass das Kind nicht zu Schaden kommt – durch sein eigenes Verhalten oder durch andere Menschen. Außerdem dient die Aufsichts­pflicht dem Schutz vor einem Schaden, den das Kind anderen Menschen oder deren Besitz zufügen könnte.

Die Aufsichtspflicht umfasst

  • die Informationspflicht: Wer die Aufsicht über ein Kind hat, der muss sich über die Fähigkeiten und eventuelle Krankheiten des Kindes informieren, außerdem über die örtlichen Gegebenheiten. Er muss das ihm anvertraute Kind über eventuell drohende Gefahren (zum Beispiel Verkehr) informieren, ihm erklären, wie es bestimmte Dinge wie beispielsweise Spielgeräte richtig nutzt und Verhaltensregeln aufstellen, was das Kind darf und was nicht.
  • die Aufsichtsführung: Der Aufsichtspflichtige muss sich vergewissern, ob das Kind die von ihm aufgestellten Regeln verstanden hat und befolgt. Außerdem muss er anwesend sein und dem Kind gegebenenfalls helfen.
  • die Eingriffspflicht: wenn das Kind die Regeln und Anweisungen nicht befolgt und dadurch sich selbst oder andere gefährdet, dann muss die Aufsichtsperson eingreifen.

Wie weit die Aufsichtspflicht geht, hängt von den äußeren Umständen ab. Kinder, die neben einer stark befahrenen Straße spielen oder neben einem See müssen natürlich stärker beaufsichtigt werden als solche in einer ländlichen Gegend ohne Gefahren. Das Klettern in Bäumen ist natürlich gefährlicher, als wenn Kinder im Sandkasten buddeln. Die Aufsichtspflicht muss immer der Situation angepasst durchgeführt werden.

Konkret bedeutet die Aufsichtspflicht, dass wer aufsichtspflichtig ist, wissen muss, wo sich das Kind gerade befindet und was es treibt.

Was passiert, wenn Aufsichtspflichtige die Aufsichtspflicht verletzen?

Wenn ein Aufsichtspflichtiger diese Regelungen missachtet, dann hat er seine Aufsichtspflicht verletzt. Wenn dadurch ein Schaden entstanden ist, dann muss er  gemäß § 832 BGB Schadensersatz leisten, denn Kinder unter sieben haften nie selbst. Wenn Kinder Schäden verursachen, obwohl ihre Eltern die Aufsichtspflicht nicht verletzt haben, dann bleibt der Geschädigte auf seinen Kosten sitzen. Mehr dazu in diesem Beitrag: Wann Eltern für ihre Kinder  haften müssen.

Wie lange dürfen Kinder in welchem Alter alleine bleiben?

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat in einem Urteil 2009 festgelegt: Je jünger und unvernünftiger ein Kind ist, desto mehr sollten und müssen Eltern es beauf­sich­tigen (AZ: VI ZR 51/08). Und das Amtsgericht Bonn hat 2011 gesagt, dass ein Kind nicht ständig von seinen Eltern bewacht, sondern nur im gebotenen Rahmen beaufsichtigt werden muss (AG Bonn, 14.03.2011, 104 C 444/10). Was heißt das nun konkret? Das hängt natürlich immer auch sehr vom Kind, seinem Charakter und seiner Reife ab und der jeweiligen Situation.

Wichtig ist es, das Kind zu fragen, ob es sich selbst zutraut, alleine zu sein. Wenn ja, sollte man darauf achten, ob sich das Kind

  • an Absprachen hält,
  • Hilfe holt, wenn es welche braucht,
  • Verantwortungs­bewusst­sein zeigt,
  • Risiken oder Gefahren erkennt: Wie würde es reagieren, wenn jemand an der Tür klingelt?

Unabhängig davon gibt es Anhaltspunkte für die verschiedenen Altersstufen, wie lange man Kinder unbeaufsichtigt lassen darf.

Kinder bis zu drei Jahren

Ein Kind bis drei Jahre darf man nicht allein lassen. In der Wohnung müssen Eltern Kleinkinder aber nicht ständig beobachten.  Kleinkinder dürfen auch selbstständig aufs Klo gehen und wenn sie dort eine Verstopfung verursachen, müssen die Eltern für den Schaden nicht haften – so ein Urteil. Bei Dreijährigen reicht es, wenn die Aufsichtsperson in Hörweite ist.

Vier- bis sechsjährige Kinder

Ab dem vierten Lebens­jahr kann das Kind schon mal kurze Zeit (10 bis 20 Minuten) alleine sein – in der eigenen Wohnung oder im Freien auf einem sicheren Gelände. Das gilt aber nur, wenn die Eltern in der Nähe sind.

Kinder im Vorschulalter, also Fünf- bis Sechsjährige, müssen von den Eltern nach Ansicht der Gerichte im Abstand von 15 bis 30 Minuten mit einem Kontrollblick überwacht werden.

Sieben- bis achtjährige Kinder

Bei Sieben- und Achtjährigen ist keine regelmäßige Kontrolle in so kurzen Abständen mehr erforderlich. Kinder in diesem Alter dürfen auch ohne Aufsicht im Freien spielen. Die Eltern müssen sich über das Treiben ihrer Kinder nur in großen Zügen einen Überblick verschaffen. Sie müssen also ungefähr wissen, wo ihre Kinder sind und was sie treiben. Ab dem Schulalter kann man Kinder – die nötige Reife vorausgesetzt – auch mal bis zu zwei Stunden alleine lassen.

Fotos: stine-moe-engelsrud / pixabay, Mamaclever

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Eva Dorothée Schmid: Ich bin Journalistin und Mutter eines Sohnes (geb. 2012) und einer Tochter (geb. 2015), wohne in Hamburg und versuche als Mamaclever, Eltern fundierte Antworten auf alle Fragen zu geben, die sich mit Baby, Klein- oder Kindergartenkind so stellen.