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Sicher fliegen mit Kleinkindern – Erfahrungen mit dem Cares-Gurt

Für Kleinkinder, die im Flugzeug auf einem eigenen Platz reisen, muss man einen von der jeweiligen Fluggesellschaft zugelassenen Kindersitz mitführen. Das ist umständlich und unter Umständen teuer, denn nicht jeder Autokindersitz darf auch im Flugzeug benutzt werden. Oder man reist mit dem Cares-Gurt: Der ist vergleichsweise günstig, nimmt wenig Platz weg und ist schnell installiert. Wir haben die praktische Alternative ausprobiert und sagen euch, worauf ihr achten müsst.

Familien mit Kindern unter zwei Jahren müssen keinen eigenen Sitzplatz für ihr Kind buchen. Allerdings wird das Kind dann mit dem Loop Belt auf dem Schoß der Eltern gesichert und das halten Experten für gefährlich. Wenn man einen eigenen Platz für das Kind bucht, dann muss man einen fürs Flugzeug zugelassenen Kindersitz mitführen. Sitze, die die Kriterien zur Verwendung in Flugzeugen erfüllen, könnt ihr an dem TÜV-Prüfzeichen “for use in aircraft” erkennen. Eine Liste mit Kindersitzen, die man im Flugzeug benutzen kann, findet ihr bei Kidsaway und beim Tüv. Zusätzlich muss man sich allerdings zuvor unbedingt bei der Fluglinie erkundigen, ob der Sitz auch wirklich akzeptiert wird und sich das möglichst auch schriftlich bestätigen lassen. Und man kann den Sitz nicht spontan mitbringen, sondern muss ihn vorher anmelden und bei einigen Airlines muss man dazu vorher kostenpflichtig einen Sitzplatz reservieren. Sonst kann es sein, dass ihr das Kind zum Start und zur Landung doch wieder mit Schlaufengurt auf dem Schoß halten müsst. Und manche Fluggesellschaften akzeptieren gar keine Kindersitze im Flugzeug. Ryanair beispielsweise schreibt auf ihrer Webseite: “Autokindersitze dürfen im Flugzeug nicht genutzt werden“.


Unser Kindersitz ist nicht flugtauglich und ich finde es auch sehr umständlich, ihn auf Flugreisen mitzuschleppen und bei der Airline anzumelden. Eine Alternative ist der Cares Gurt*. Er ist geeignet für Kinder, die zwischen 10 und 20 Kilogramm wiegen und kleiner als 100 Zentimeter sind. Meist passt er also für Kinder im Alter von eins bis vier Jahren. Er kostet ab 89 Euro und kann beispielsweise bei Amazon* bestellt oder bei Grinsekind gemietet werden.

Wir haben ihn uns gekauft, weil er einen sehr hohen Wiederverkaufswert hat und so gut wie nicht abgenutzt wird. Bei Ebay-Kleinanzeigen gibt es auch mehrere Anzeigen, in denen Eltern ihren Gurt vermieten. So hat man die Kosten natürlich auch schnell wieder drin.

Passt in jedes Handgepäck

Dieses Gurtsystem, das nur 500 Gramm wiegt und in einem kleinen Beutel in jedes Handgepäck passt, besteht aus einem Lehnenbefestigungsgurt, Schultergurten, Brustschnalle und Schlaufen für den Standard-Beckengurt. Der Standard-Beckengurt im Flugzeug ist laut TÜV Rheinland erst für Kinder ab einer Körpergröße von 1,20 Metern sicher. Man bringt den Cares-Gurt an dem ganz  normalen Beckengurt an und kann damit auch Kinder über zwei Jahren auf ihrem eigenen Sitz besser sichern als nur mit dem Beckengurt. Cares ist von der US-amerikanischen Federal Aviation Authority (FAA) zertifiziert und damit auch in deutschen und europäischen Flugzeugen gemäß einer Empfehlung des deutschen Luftfahrtbundesamtes zugelassen – theoretisch.

Die Lufthansa allerdings schreibt auf ihrer Internetseite: “Kinderrückhaltesysteme, die nur aus Gurten bestehen, die über und/oder um die Rückenlehne des Sitzes befestigt werden, können an Bord nicht eingesetzt werden.” Andererseits steht unter ihrer Liste mit Kindersitzen, die an Bord zugelassen sind: “Neben den aufgelisteten Kinderrückhaltesystemen sind außerdem “FAA” (Federal Aviation Administration) oder “CAA” (Civil Aviation Authority) zertifizierte Kinderrückhaltesysteme zulässig, vorausgesetzt diese lassen sich einwandfrei auf dem Fluggastsitz befestigen.”  Tja, Cares ist von der FAA zugelassen und es kann auch einwandfrei auf dem Sitz befestigt werden. Was also gilt?

Wir wollten den Gurt auf einem innerdeutschen Lufthansa-Flug und anschließend auf einem Condor-Flug nach Thailand einsetzen. Ich schrieb Condor eine E-Mail an kindersitze@condor.com und bekam die Antwort: “Gerne können Sie das CARES Gurtsystem an Bord unserer Maschinen nutzen. Dazu senden Sie uns bitte das beigefügte Formular ausgefüllt an uns zurück.” Auf dem Formular stand, dass für die Nutzung eines Kindersitzes eines kostenpflichtige Reservierung für das Kind und mindestens eine Begleitperson notwendig ist. Da wir auf einem zehnstündigen Flug natürlich alle zusammen sitzen wollen, hätten wir für den Hin- und Rückflug jeweils drei Sitze reservieren müssen – das hätte bei einen Reservierungspreis von 20 Euro pro Person für die ganze Reise 120 Euro zusätzlich gekostet! Ich fragte nach, ob die Reservierung obligatorisch ist und erhielt die Antwort:

Wir melden gerne den Kindersitz für Sie an. In diesem Zuge führen wir eine Sitzplatzreservierung für Sie durch, damit gewährleistet ist, dass der Kindersitz auf den dafür zugelassenen Sitzen genutzt werden kann. Ob die Sitzplatzreservierung kostenpflichtig ist, hängt vom Alter Ihres Kindes ab. Für Kinder ab 2 Jahren ist die Reservierung kostenpflichtig.

Ich schrieb dann ziemlich verärgert zurück:

Sehr geehrte Damen und Herren,

unser Sohn ist 2,5 Jahre alt, das heißt wir sollen 80 Euro zahlen für die Reservierung??? (Hin- und Zurück für zwei Personen) und dann ist nicht mal gewährleistet, dass mein Mann auch bei uns sitzt? Oder wir zahlen insgesamt 120 Euro ?? Damit wir gewährleisten können, dass unser Sohn sicher befördert wird?  Das ist echt Abzocke. Wir wollen ja keinen Autokindersitz sondern lediglich den Cares-Gurt benutzen und der müsste doch auf jedem Sitz (ausgenommen Notausgänge) möglich sein, oder? Ich melde den “Sitz” gerne an aber das mit der Reservierungspflicht finde ich extrem kinder- und kundenunfreundlich.

Es kam dann als Antwort zurück:

“wir bedauern, dass Sie mit unserem Service nicht zufrieden sind. Trotzdem haben wir sicherheits-relevante Richtlinien, welche besagen, dass ein Kinderrückhaltesystem nur auf bestimmten Sitzplätzen im Flugzeug angebracht werden darf. Dies gilt besonders für das CAREs Gurtsystem, da dieses über die Rückenlehne des Sitzes befestigt wird und somit der Fluggast einen Sitzplatz weiter hinten davon beeinträchtigt sein könnte. Daher beachten Sie bitte, dass eine Nutzung des Gurtsystems nur mit entsprechender kostenpflichtiger Sitzplatzreservierung erfolgen kann.


Unsere Erfahrungen mit der Benutzung des Gurtes

Ich habe mich dann noch ziemlich mit einer Dame an der Hotline gestritten und daraufhin beschlossen, es einfach darauf ankommen zu lassen. Auf dem Lufthansa-Flug hatten wir drei Plätze nebeneinander, wir setzten unseren Sohn zwischen uns. Den Passagier hinter ihm baten wir, dass er bitte mal kurz seinen Tisch runterklappen soll, da wir den Kindergurt dahinter befestigen müssten. Danach könne er ihn wieder hochklappen und ganz normal benutzen, erklärten wir ihm. Wir sagten ihm noch, dass der normale Beckengurt für Kleinkinder nicht sicher sei und wir deshalb diesen zusätzlichen Gurt dabeihätten. Er war sehr freundlich und kooperativ. Wir stülpten den roten Lehnengurt also über die Sitzlehne und zurrten ihn auf der richtigen Höhe fest. Dann legten wir die Schultergurte um unseren Sohn und befestigten die Schlaufen am Beckengurt, den wir dann ganz normal schlossen. Die Kinder sind im Cares-Gurtsystem wie alle anderen mit dem Beckengurt angeschnallt, an dem dann noch die Hosenträgergurte befestigt sind. Als die Stewardess kontrollierte, ob alle richtig angeschnallt sind, warf sie nur einen kurzen Blick auf den Cares-Gurt und sagte, “Das ist ja klasse”.

Auf dem Condor-Flug dann das gleiche Spiel. Hier wurde der zusätzliche Gurt vom Flugzeugpersonal noch nicht mal kommentiert – dabei hatte ich das FAA-Zertifikat und die Bedienungsanleitung griffbereit und war auf Diskussionen vorbereitet. Danach war ich froh, dass ich auf die teure, überflüssige Reservierung verzichtet hatte. Auf den Rückflügen hatten wir ebenfalls keine Probleme. Die Stewardessen schauten höchstens freundlich und wenn man erklärte, das sei ein zusätzlicher Gurt, dann fanden sie das gut, auch wenn es einige noch nie gesehen hatten.

Auf einem Flug nach Italien ein Jahr später mit Easyjet und zurück mit Airberlin hatten wir ebenfalls keine Probleme, den Cares-Gurt zu nutzen. Auf dem Easyjet-Flug nach Pisa setzte man uns sogar in die erste Reihe an den Gang und in die Mitte, da wo die Notausgänge sind!

Unser Sohn saß bei Start- und Landung und immer dann, wenn die Anschnallzeichen aufleuchteten so gesichert in seinem Sitz und nahm das auch mehr oder weniger klaglos hin.

Ich kann also allen empfehlen, die den Cares-Gurt anschaffen und nutzen wollen – einfach mitnehmen und installieren, ohne groß zu fragen. Klar ist es sinnvoll, sich im Vorfeld über die Bestimmungen der Airline zu informieren, aber auch wenn die nicht so sind, wie ihr euch das wünscht: nicht entmutigen lassen, einfach mitnehmen und nutzen. Das Kind ist ja vorschriftsmäßig mit dem Beckengurt gesichert und ob man da noch zusätzlich was anbringt oder nicht, das stört das Kabinenpersonal unserer Erfahrung nach nicht. Im Gegenteil, wir haben nur positive Reaktionen erlebt und andere Eltern fragten interessiert, was es mit dem Gurt auf sich habe.

Was habt Ihr für Erfahrungen mit der Nutzung des Cares-Gurts bei anderen Fluglinien gemacht? Ich freue mich auf Euren Kommentar!

Fotos: Gero Paul Gericke/www.kinder-reisen-sicher.de, Mamaclever

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Kategorien: Unterwegs mit Kind
Eva Dorothée Schmid: Ich bin Journalistin und Mutter eines Sohnes (geb. 2012) und einer Tochter (geb. 2015), wohne in Hamburg und versuche als Mamaclever, Eltern fundierte Antworten auf alle Fragen zu geben, die sich mit Baby, Klein- oder Kindergartenkind so stellen.
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