Wie Du Deinem Kind das Radfahren beibringen kannst

RadfahrenlernenViele Kinder bekommen mit drei oder vier Jahren das erste Fahrrad. Aber wie bringt man ihnen am besten das Radfahren bei? Und worauf muss man achten beim Kauf des ersten Fahrrads? Mamaclever hat sich für euch schlau gemacht.

Ein Laufrad oder ein Roller sind die ideale Vorbereitung aufs Fahrradfahren, denn sie trainieren den Gleichgewichtssinn, die Reaktionsfähigkeit und die Körperbeherrschung. Wenn das Kind eines der beiden Gefährte gut beherrscht, dann wird es vermutlich auch mit dem Fahrradfahren keine großen Probleme haben. Das Treten kann zudem mit einem Dreirad oder Kettcar geübt werden, bevor es ans Fahrradfahren geht. Ob das Kind auf dem Fahrrad zurecht kommt, hängt von seinen motorischen Fähigkeiten ab. Beim einen sind die schon mit drei oder vier Jahren gegeben, bei anderen Kindern erst im Grundschulalter. Entscheidend für den Erfolg ist es, dass das Kind selbst den Wunsch äußert, Fahrradfahren zu lernen.

Was muss man beim ersten Fahrrad beachten?

12 bis 18 Zoll große Kinderfahrräder werden nach der DIN 79110 verkehrsrechtlich als “Spielzeug” eingeordnet. Sie dürfen deshalb nicht auf der Straße benutzt werden und haben auch kein Licht.

  • Die richtige Größe: Wichtig ist, dass man das Fahrrad auf keinen Fall auf Zuwachs kauft, das Kind muss bei der niedrigsten Satteleinstellung mit beiden Füßen auf den Boden kommen. Entscheidend ist nicht die Größe des Kindes, sondern seine Schrittlänge, also die Innenbeinlänge. Die kann man ermitteln, indem man das Kind ohne Schuhe aufrecht mit dem Rücken an eine Wand stellt. Es soll ein Buch oder ähnliches mit beiden Beinen im Schritt festklemmen. Nun könnt ihr die korrekte Schrittlänge mit einem Maßband zwischen der Oberkante des Buches und dem Boden messen.
  • Das richtige Gewicht: Je leichter das erste Fahrrad ist, desto besser. Deshalb solltet ihr möglichst ein Rad aus Aluminium wählen.
  • Höhenverstellbar: Damit das Kind nicht gleich wieder aus dem Rad herauswächst, sollten sowohl Sattel als auch Lenker in der Höhe verstellbar sein.
  • Tiefer Einstieg: Vorteilhaft ist ein Rahmen mit tiefem Einstieg, damit das Kind leichter aufsteigen und abspringen kann.
  • Kettenschutz: Wichtig ist außerdem ein geschlossener Kettenschutz, damit sich keine Kleidungsstücke verheddern und das Kind zum Stürzen bringen.
  • Die richtigen Reifen: Breite Reifen (empfohlen sind 47 Milimetter) erleichtern das Fahren ebenfalls. Außerdem sollten die Griffe gepolstert sein und der gebogene Lenker sollte ebenfalls gepolstert sein.
  • Bremsen: Das Fahrrad sollte mit einer Rücktritt und einer Vorderrad-Felgenbremse ausgestattet sein.

Was man nicht benötigt ist eine Lichtanlage und auch eine Gangschaltung ist beim ersten Fahrrad nicht sinnvoll.

Aktuelle Testberichte von Spielrädern gibt es leider nicht, das Einsteigermodell von Puky* ist aber sehr beliebt, weil es sehr robust ist und deshalb auch einen hohen Wiederverkaufswert hat. Es ist wahlweise 12- oder 16 Zoll groß und auch schon für Kinder geeignet, die nur rund einen Meter groß sind. Es ist erhältlich in Stahl  (Modell Z) oder Aluminium (Modell ZL, teurer).

Warum Stützräder kontraproduktiv sind

Die meisten von uns haben einst mit Stützrädern Radfahren gelernt, allerdings gab es damals auch noch nicht so verbreitet wie heute Laufräder. Die nämlich bereiten ideal auf das Fahrradfahren vor. Stützräder dagegen verkomplizieren das Fahrradfahren lernen, denn sie vermitteln ein völlig falsches Fahrgefühl und das nötige Ausbalancieren während der Fahrt wird nicht erlernt. Den Kindern wird vermittelt, dass sie nicht umfallen können, egal ob sie stehen oder fahren.

Und schlimmer: Durch die statische Gleichgewichtssituation des Fahrrades mit Stützrädern wird jede Körpergewichtsverlagerung als wackelig und destabilisierend empfunden. Das Kind lernt Ausgleichsbewegungen zu vermeiden, weil es dadurch das Gefühl hat, eine bessere Kontrolle über das Rad zu haben.

Wenn man dann später die Stützräder abmontiert, tut sich das Kind schwer, diese passive Haltung wieder zu verlernen und zu begreifen, dass es nur dann nicht umfällt, wenn es aktiv in Bewegung bleibt und sein Gleichgewicht durch das Lenken ausbalanciert. Kinder, die mit Stützrädern gefahren sind, müssen das Fahrrad fahren dann nochmal völlig neu lernen, was natürlich ziemlich frustrierend ist.

Wenn das Kind sich mit dem Balancehalten sehr schwer tut, kann man zunächst die Pedale abmontieren und das Fahrrad erst mal als Laufrad nutzen. Wenn das gut funktioniert, kann man sie wieder dranmachen und das Kind kann dann das eigentliche Radfahren lernen.

Der richtige Ort zum Fahrradfahren lernen

Für die ersten Versuche auf dem Fahrrad braucht man ein sicheres Umfeld ohne Verkehr und Hindernisse. Das kann ein leerer Parkplatz sein, eine verkehrsberuhigte Spielstraße, ein Gebäudevorplatz oder auch asphaltierte Feldwege. Auch manche Spielplätze verfügen über Flächen, auf denen man das Radfahren üben kann. Der Untergrund sollte eben sein und möglichst wenig Steigung oder Gefälle haben.

Es gibt Eltern, die versuchen ihren Kindern aus Angst vor Stürzen und Verletzungen das Fahrradfahren auf einer Wiese beizubringen. Das ist allerdings keine gute Idee. Die Unebenheiten dort manchen die ersten Fahrversuche schwierig.

Wie Fahrradfahren beibringen?

Euer Kind sollte vor dem ersten Versuch satt und ausgeschlafen sein und es sollte kein Zeitdruck herrschen. Von den Eltern ist in erster Linie Geduld gefragt. Vermeidet jeglichen Druck, zum Beispiel durch große Ankündigungen à la “Nächstes Wochenende lernst du radfahren” oder “Jetzt haben wir ein so tolles Fahrrad gekauft und du kannst immer noch nicht fahren”. Damit verunsichert ihr euer Kind und nehmt ihm schlimmstenfalls die Lust, das Neue auszuprobieren. Ein Pflaster in der Tasche für den Fall eines Sturzes kann sicher auch nicht schaden.

Das wichtigste ist, dass ihr euer Kind ermutigt und ermuntert. Es kann sicher nicht schaden, das Prinzip des Tretens und Anfahrens zunächst zu erklären.

Bei den ersten Versuchen ist es wichtig, dass ihr das Kind an den Schultern oder am Rücken und nicht das Rad selbst festhaltet. Sonst lernt das Kind nicht, die Balance zu halten. Steht (bzw. lauft) möglichst seitlich statt hinter dem Kind, denn sonst neigt es dazu, nach hinten zu schauen und das ist kontraproduktiv. Für rückengeplagte Eltern gibt es eine spezielle Lernhilfe* als rückenschonendes Zubehör.

Anfahren ist für viele Kinder ziemlich schwer, weil da die stabilisierenden Kräfte noch nicht ausreichen. Statt konstant zu schieben ist es besser, das Kind nur anzuschubsen und so in Fahrt zu bringen und dann zum Treten zu motivieren.

Hinfallen solltet ihr nicht um jeden Preis vermeiden. Kinder müssen auch das Fallen lernen und am Anfang sind sie noch eher langsam unterwegs und die Sturzhöhe ist gering. Erklärt eurem Kind, dass Stürze dazugehören und jeder mal umfällt.

Wenn das Kind nach einer Viertelstunde noch keine nennenswerten Fortschritte erzielt hat und kaum ein paar Meter mit dem Fahrrad allein geschafft hat, dann sollte man das Fahrradtraining besser abbrechen. Die Konzentration und der Eifer des Kindes würden nun stetig abnehmen und die Verunsicherung und Gefahr einer Enttäuschung im gleichen Maße ansteigen. Probiert es dann erneut, wenn das Kind den Wunsch dazu äußert.

Fahrübungen für Fortgeschrittene

Radfahrendes KindWenn das Kind die Balance halten und treten kann, muss es lernen, anzufahren, zu bremsen, Kurven zu fahren, den Bordstein runter bzw. raufzufahren, dann kann man sich auch an leichte Steigungen und Gefälle wagen.

Der zweite Übungsteil sollte auch beinhalten, wie man das Fahrrad richtig abstellt, also wie man den Ständer bedient. Später kann man dann üben, Kreise und Achten zu fahren, einhändig zu fahren oder Hindernisse (das kann ein Holzbrett oder ein flacher Bordstein sein) zu überfahren beziehungsweise rauf und runterzufahren. Auch das Fahren auf anderen Untergründen, z.B. Wiesen oder Waldwegen, kann nun hilfreich sein und das Fahrgefühl trainieren sowie die Kontrolle über das Rad verbessern.

Sobald das Kind sicher auf dem Rad fahren kann, sollte man das Radfahren bei möglichst vielen Gelegenheiten in den Alltag einbauen.

Bis acht Jahre dürfen Kinder nur auf dem Bürgersteig fahren

In den Straßenverkehr, das heißt auch auf öffentliche Bürgersteige, solltet ihr euer Kind erst dann lassen, wenn es ganz sicher mit dem Fahrrad unterwegs ist. Das heißt, es muss plötzlich bremsen, ausweichen und die Klingel betätigen können. Bis zu einem Alter von acht Jahren müssen Kinder auf dem Bürgersteig fahren und dürfen noch nicht auf die Straße und auch nicht auf den Radweg.

Bis zehn dürfen sie den Bürgersteig benutzen. An Kreuzungen und Einmündungen müssen sie allerdings absteigen und das Fahrrad herüberschieben. Seit dem 24. September 2016 ist auch geregelt dass eine Begleitperson mit dem Kind auf dem Gehweg fahren darf – allerdings nur eine, also nicht beide Eltern oder gleich die ganze Großfamilie – nachlesen könnt ihr das beim ADFC.

Fotos: Mamaclever

Eva Dorothée Schmid

Ich bin Journalistin und Mutter eines Sohnes (geb. 2012) und einer Tochter (geb. 2015), wohne in Hamburg und versuche als Mamaclever, Eltern fundierte Antworten auf alle Fragen zu geben, die sich mit Baby, Klein- oder Kindergartenkind so stellen.

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3 Antworten

  1. Mike sagt:

    Ich finde auch das ein Laufrad für Kleinkinder besser ist. Die Kinder bekommen viel schneller einen guten Gleichgewichtsinn. Der spätere Umsieg aufs Fahrrad fällt somit den Kleinen viel leichter. Diese Variante kann ich jedem empfehlen, der sein Kind in kurzer Zeit sicher Fahrrad fahren sehen will.
    Ich finde Euren Artikel auch super.
    LG
    Michael

  2. Gerald sagt:

    Ich bin auch kein Fan von Stützrädern! Aber was ich auch sehr wohl empfehlen kann sind Laufräder! Damit haben wir auch super Erfahrungen gemacht! Am wichtigsten finde ich aber das Kind nicht zu überfordern und nichts zu überstürzen!
    Toller Artikel!

    LG, Gerald

  3. Thomas sagt:

    Wir durften diese Erfahrung schon zweimal machen. Unser Großer (9) hatte sehr große Probleme mit dem Radfahren lernen. Wir waren natürlich übervorsichtig und haben ihm Stützräder ans Rad gebaut. Was im Nachgang für ihn schlecht war, weil die Stützräder jedes Kippen abgefangen haben und er kein Gefühl für das Radfahren entwickeln konnte. Erst als ich unserem Großen die Dinger wieder abmontiert hatte, ging es fast wie von allein.
    Die Kleine ( 4 ) dagegen ist ohne Probleme vom Laufrad aufs Fahrad umgestiegen, als wenn sie schon immer Rad gefahren wäre. Unser Fazit daraus war, daß die Kinder sich sehr viel mehr zutrauen, als wir Eltern es zulassen. Wir haben gelernt, die Kids eigene Erfahrungen machen zu lassen und fahren jetzt ganz gut damit.

    Beste Grüße

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